Stille mit Wirkung

Die Tore zur inneren Stille zu finden, ist sicher eine Herausforderung, groß ist doch der Lärm um uns: die Menschen, die unsere Aufmerksamkeit erbitten oder fordern; die Werbung, die nach unserer Aufmerksamkeit schreit; die Erinnerungen und Hoffnungen, die uns zwischen den Zeitebenen hin und her schleudern; die Bewertungen und Verurteilungen, die uns die zur Klarheit nötige Distanz rauben; die 1.000 Ablehnungen und Wünsche, die uns fest im Griff haben - all das stellt sich zwischen uns und die Stille.


Aber manchmal scheint sie eben doch durch, blitzt hie und da unüberhörbar auf, erst in Meditationen, später auch zwischen zwei Gedankenfetzen oder im Alltag, in den man vielleicht die eine oder andere "Glocke der Achtsamkeit" eingebaut hat.

Wie auch immer: Hat man ein Tor zur inneren Stille gefunden, dann steht sie uns als "Werkzeug" zur Verfügung, allerdings als kein manipulierbares Werkzeug. Stille lässt sich nicht missbrauchen, auch nicht als Mittel zum Zweck. Sie ist ein Kratersee, der sich aus geheimnisvollen Quellen speist. Und alle Dinge, alle Sorgen, alle Verwirrungen und Schmerzen, die ich ins Wasser dieses Sees tauche, lassen die Qualität des Wassers unberührt. Nicht unsere Wirklichkeit verändert die Stille, sondern Stille verändert unsere Wirklichkeit in jedem Augenblick des Kontakts. Dann drängen uns die Sorgen weniger (bleiben aber Sorgen) und Schmerzen verlieren ihre Pein (bleiben aber Schmerzen). Stille verwandelt die Welt sogar an Punkten, wo man es am wenigsten erwarten würde, im Streit zum Beispiel oder im Lärm.

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